Sind Jupyter Notebooks produktionsreif?

In den letzten Jahren gab es einen rasanten Anstieg in der Verwendung von Jupyter Notebooks, s.a. Octoverse: Growth of Jupyter Notebooks, 2016-2019. Hierbei handelt es sich um eine von Mathematica inspirierte Anwendung, die Text, Visualisierung und Code in einem Dokument kombiniert. Jupyter-Notebooks werden von unseren Kunden häufig für das Prototyping und die Erforschung von Analysen und maschinellem Lernen verwendet. Wir haben jedoch auch gesehen, dass die wachsende Popularität auch dazu beigetragen hat, dass Jupyter-Notebooks in anderen Bereichen der Datenanalyse verwendet wird und zusätzliche Werkzeuge genutzt wurden, um mit ihnen auch umfangreiche Berechnungen durchzuführen.

Zum Erstellen von skalierbarem, wartbarem und langlebigem Produktionscode erscheinen uns Jupyter Notebooks jedoch meist ungeeignet. Zwar lassen sich mit einigen Tricks Notebooks sinnvoll versionieren und es lassen sich auch automatisierte Tests ausführen, bei komplexeren Projekten wird die Vermischung von Code, Kommentaren und Tests jedoch zum Hindernis: Jupyter Notebooks lassen sich nur unzureichend modularisieren. Zwar können Notebooks als Module importiert werden, diese Möglichkeiten sind jedoch äußerst beschränkt: so müssen die Notebooks zunächst vollständig in den Speicher geladen und ein neues Modul erstellt werden, bevor jede Zelle in diesem ausgeführt werden kann.

In der Folge kam es zum ersten Notebook-Krieg, s. The First Notebook War, der im Wesentlichen ein Konflikt zwischen Data Scientists und Software Engineers war.

Wie können die Gräben überwunden werden?

Notebooks erfreuen sich bei Data Scientists rasch wachsender Beliebtheit und werden zum De-facto-Standard für rapid Prototyping und explorative Analysen. Vor allem Netflix hat jedoch ein umfangreiches Ökosystem von zusätzlichen Tools und Services erstellt, wie z.B. Genie und Metacat. Diese Tools vereinfachen die Komplexität und unterstützen einen breiteren Anwenderkreis von Analysten über Wissenschaftler bis hin zu Informatikern. Im Allgemeinen hängt jede dieser Rollen von verschiedenen Tools und Sprachen ab. Oberflächlich betrachtet scheinen die Workflows unterschiedlich, wenn nicht komplementär zu sein. Auf einer abstrakteren Ebene jedoch haben diese Workflows mehrere überlappende Aufgaben:

Datenexploration

tritt früh in einem Projekt auf

Dies kann das Anzeigen von Beispieldaten, die statistische Profilerstellung sowie die Datenvisualisierung umfassen

Datenaufbereitung

iterative Aufgabe

kann das Bereinigen, Standardisieren, Transformieren, Denormalisieren und Aggregieren von Daten umfassen

Datenvalidierung

wiederkehrende Aufgabe

kann das Anzeigen von Beispieldaten, das Ausführen von Abfragen zur statistischen Profilerstellung und aggregierten Analyse sowie das Visualisieren von Daten umfassen

Produkterstellung

tritt spät in einem Projekt auf

Dies kann das Bereitstellen von Code für die Produktion, Schulungsmodelle und das Planen von Workflows umfassen

Ein JupyterHub kann hier schon gute Dienste leisten um diese Aufgaben möglichst einfach und überschaubar zu gestalten. Dabei ist es skalierbar und reduziert die Anzahl der Tools erheblich.

Um zu verstehen, warum Jupyter-Notebooks für uns so überzeugend sind, heben wir noch einmal ihre Kernfunktionalitäten hervor:

  • Ein Messaging-Protokoll zum Prüfen und Ausführen von sprachunabhängigem Code
  • Ein bearbeitbares Dateiformat zum Beschreiben und Erfassen von Code, Code-Ausgabe und Markdown-Notes
  • Eine webbasierte Benutzeroberfläche zum interaktiven Schreiben und Ausführen von Code sowie zur Datenvisualisierung

Use Cases

Von unseren zahlreichen Anwendungsfällen verwenden wir Notebooks heute am häufigsten für Datenzugriffe, Parametrisierung und Workflow-Planung.

Datenzugriffe

Notebooks wurden von uns erstmals eingeführt, um Data-Science-Workflows zu unterstützen. Als die Akzeptanz zunahm, sahen wir die Möglichkeit, die Vielseitigkeit und Architektur von Jupyter-Notebooks auch für den allgemeinen Datenzugriff nutzen zu können. Mitte 2018 begannen wir damit, die Notebooks von einem Nischenprodukt zu einer universellen Datenplattform auszubauen.

Aus Sicht der Benutzer bieten Notebooks eine komfortable Oberfläche für die iterative Ausführung von Code, das Durchsuchen und Visualisieren von Daten – alles in einer einzigen Entwicklungsplattform. Aufgrund dieser Kombination aus Vielseitigkeit, Leistung und Benutzerfreundlichkeit haben wir eine schnelle Akzeptanz für viele Benutzergruppen auf der gesamten Plattform festgestellt.

Paremtrisierte Notebooks

Einhergehend mit der zunehmenden Akzeptanz haben wir weitere Funktionen für weitere Anwendungsfälle eingeführt. Aus dieser Arbeit gingen einfach parametrisierbare Notebooks hervor. Dies bot unseren Nutzern einen einfachen Mechanismus um Notizbücher als wiederverwendbare Vorlagen zu definieren.

Workflow-Planung

Als weiteren Einsatzbereich von Notebooks haben wir die Planung von Workflows entdeckt. Sie haben u.a. folgende Vorteile:

  • Notebooks erlauben einerseits interaktives Arbeiten und rapid Prototyping, um anschließend fast reibungslos in den Produktivbetrieb überführt werden zu können. Evtl. werden die Notebooks modularisiert und als vertrauenswürdig gekennzeichnet.
  • Ein weiterer Vorteil von Notebooks sind die unterschiedlichen Kernel, sodass die sich Benutzer die jeweils passende Ausführungsumgebung auswählen können.
  • Zudem sind Fehler in Notebooks einfacher nachzuvollziehen da sie bestimmten Zellen zugeordnet sind und die Ausgaben gespeichert werden können.

Logging

Um Notebooks nicht nur für Rapid Prototyping sondern auch dauerhaft produktiv verwenden zu können, müssen bestimmte Prozesseereignisse protokolliert werden, sodass z.B. Fehler einfacher diagnostiziert und der Gesamtprozess überwacht werden kann. Hierfür kann in IPython Notebboks das logging-Modul der Python-Standardbibliothek oder loguru verwendet werden, s.a. Jupyter-Tutorial: Logging.

Tests

Es gab schon früher einige Ansätze, mit denen sich Notebooks automatisiert testen ließen, z.B. nbval, aber erst mit ipytest wurde das Schreiben von Tests für Notebooks deutlich vereinfacht, siehe auch Jupyter-Tutorial: ipytest.

Re­sü­mee

In den letzten Jahren förderten wir die enge Zusammenarbeit von Software Engineers mit Data Scientists um zu skalierbarem, wartbarem und produktionsfähigem Code zu gelangen. Gemeinsam haben wir Lösungen gefunden, die produktionsreife Modelle auch für Machine Learning-Projekte bereitstellen können.